Schule Schloss Salem
Shownotes
„Salem ist keine Schule, Salem ist eine Bewegung“, sagte Kurt Hahn 1954. Er war Politiker, Pädagoge und Mitbegründer der Schule Schloss Salem. In dieser Podcastfolge erleben wir, was das bedeutet. Was der „Salemer Geist" ist und wie er am Leben gehalten wird. Schüler Tim zeigt uns dafür den weitläufigen Campus, nimmt uns mit zu den geteilten Fluren und auf die Zimmer der Schüler:innen. Wir statten dem Lehrerzimmer einen Besuch ab, sitzen im Speisesaal, der „Study Hall", und hinter der Schulbank. Und: Wir nehmen an der wöchentlichen Schulversammlung teil. Mehr zur Rolle der Demokratiebildung, der Geschichte des Internats und dem pädagogischen Konzept erfahren wir von Lehrer, Jahrgangsleiter der Klassen 9 und 10 und Feuerwehrdienst-Leiter Johannes Schweitzer und Henrik Fass, dem Gesamtleiter der Schule Schloss Salem. Hört rein!
Produziert wird diese Folge von Studio ZX in Auftrag von ZEIT Advise, Unternehmen des ZEIT Verlags.
Transkript anzeigen
00:00:09: Das Engagement für die Allgemeinheit
00:00:12: ist
00:00:13: die Offenheit, das Interesse, die Neugier immer Neues zu lernen, seinen Horizont zu erweitern und seine Meinung durch vielleicht auch andere Einflüsse, die man bekommt, anzupassen, vielleicht seine Meinung auch mit anderen nur zu teilen und eben in den Diskurs und den Austausch zu gehen und immer offen zu sein gegenüber
00:00:32: Neu.
00:00:35: Glaube es ist ein gemeinsames Erleben, was man hier über viele Jahre hat.
00:00:40: Und dieses Erleben mündet in verschiedenen Erzählungen und das fördert wie ein Gemeinschaftsgefühl, was man gar nicht so beschreiben
00:00:49: kann.
00:00:52: Ja, es geht um Verantwortung.
00:00:53: Ja, es geht um den Blick für den anderen.
00:00:57: Man könnte es auch als Nächstenliebe zu begreifen.
00:01:00: Und gleichzeitig ist das eine tief empfundene Gemeinschaft in all der Unterschiedlichkeit, die wir haben.
00:01:09: Immer verbunden mit Werten und mit einer Haltung.
00:01:41: Und was?
00:01:42: Darum geht es in dieser Podcast-Folge von Zeit für Internate.
00:01:51: Was das Internatschule Schloss Salem, oder einfach Salem, ausmacht, wie Schülerinnen hier lernen und leben, das finden wir in dieser Folge heraus.
00:01:59: Dank ihm.
00:02:00: Ja genau, ich bin Tim.
00:02:01: Hallo.
00:02:01: Hallo.
00:02:02: Perfekt, freut mich.
00:02:03: Denn Tims Schul- und Internatsalltag dürfen wir einen Tag lang mit dem Mikrofon begleiten.
00:02:09: Wir treffen ihn vor den Toren des Internats und damit dem Schloss Salem.
00:02:13: Einer ehemaligen Zisterzienserabteil.
00:02:16: Schloss Salem umfasst eine vierundzwanzigtausend Quadratmeter große Schlossanlage.
00:02:21: Beeindruckende Gebäude, weiß mit roten Dächern, verbunden durch gepflasterte Wege mit viel Grün, kleinen und großen Gärten drum herum.
00:02:29: Normalerweise kann man hier auch die Alpen
00:02:31: sehen.
00:02:34: Tim geht, als wir ihn treffen, in die zehnte Klasse.
00:02:36: Und er ist einer von knapp sechshundert Schülerinnen in Salem.
00:02:40: Salem besteht aus drei Standorten.
00:02:42: Der größte ist das Schloss Salem, da sind wir heute.
00:02:45: Hier sind die Jahrgangsstufen fünf bis zehn untergebracht.
00:02:49: Für die Oberstufe, also Schülerinnen ab Klasse elf, gibt es den Campus Herrlin und das Schloss Spezgard, zusammen auch Salem International College genannt.
00:02:59: Tims Tag startet normalerweise mit dem sogenannten Morgenlauf.
00:03:03: Der hat lange Traditionen in Salem.
00:03:05: Alle Schülerinnen laufen vor dem Frühstück gegen sechs Uhr fünfundvierzig eine kleine Runde übers Schlossgelände.
00:03:11: Danach steht das erste Frühstück an, das praktischerweise gleich neben Tims Flügel ausgegeben wird.
00:03:17: Ja, also da ist mein Flügel der Unter-Süd, dahinter ist dann der West, da oben sind PM-II und PM-III, das sind zwei Mädchenflügel, dann links davon ist Prinz Max-I, also das ist eigentlich durchs ganze Schloss verteilt.
00:03:33: An guten Tagen, erzählt Tim, kann er von seinem Zimmer aus sogar die Alpen sehen.
00:03:37: Und auch wenn nicht, blickt er auf den gegenüberliegenden Flügel, Wiesen und Bäume.
00:03:42: Tim teilt sein Zimmer mit zwei weiteren Jungs.
00:03:45: Von Klasse fünf bis zehn teilt man sich zu zwei, dritt oder viertein Zimmer.
00:03:50: In der Oberstufe ist man zu zweit.
00:03:52: Mädchen und Jungen sind in getrennten Flügeln untergebracht.
00:04:01: Auf den
00:04:10: Fluren des Flügels stehen Kleiderschränke der Zimmerbewohner.
00:04:13: Auf diesem Flügel sind die nämlich nicht in den Zimmern, sondern außerhalb aufgestellt.
00:04:19: An den Innenwänden der Schränke findet man zahlreiche Unterschriften und Gravuren von ehemaligen Salemann, die sich hier verewigt haben.
00:04:28: Tims Zimmer, das ist relativ normal.
00:04:32: Ja genau,
00:04:33: kann
00:04:33: sehen, kann es das Zimmer auch nicht luxurös eingerichtet, also es ist alles was man braucht, man hat das Bett, den Schreibtisch und so weiter, aber man hat jetzt keinen übermäßigen
00:04:44: Luxus.
00:04:48: Die Jungs haben Betten, Schreibtische, Komoden.
00:04:51: Der Stück an der Decke ist das einzige, was verrät, dass man sich in einem Schloss befindet.
00:04:55: Aber auch das.
00:04:56: Eine Besonderheit auf diesem Flügel, sagt Tim.
00:04:59: Wir sind aber auch einer der wenigen Flügel, die das haben, glaube ich.
00:05:02: Da haben das
00:05:02: alle Zimmer.
00:05:03: Und das
00:05:03: ist in jedem Zimmer anders.
00:05:06: Aber lang verweilen kann Tim morgens nicht, denn die Tage in Saarlem sind ziemlich durchgetaktet.
00:05:11: Wir müssen immer um sieben Uhr forty-fünf beim Frühstück sein.
00:05:15: Beim Frühstück gibt es, einerseits eben Frühstück, aber auch sogenannte Ansagen.
00:05:20: Das sind quasi tagesaktuelle Saal im Nachrichten, die die SchulsprecherInnen verkünden.
00:05:26: Dinge, die an dem Tag wichtig sein könnten.
00:05:29: Ja, also hier ist es jetzt so, jeder hat, denn jeder Vögel hat ein zugewiesene Fisch, beziehungsweise zwei zugewiesene
00:05:36: Fische.
00:05:37: Bei uns ist das jetzt da hinten.
00:05:39: Und das ist verpflichtend beim
00:05:41: Frühstück, beim ersten Frühstück.
00:05:48: Und die Ansagen sind Einstimmung auf allen hoffentlich.
00:05:59: Das erste Frühstück, genauso wie das Mittagessen, ist in Salem verpflichtend.
00:06:03: Die Schülerinnen sitzen mit den Jungs oder Mädchen aus ihrem Flügel an einem Tisch.
00:06:08: Pro Flügel gibt es einen Mentor oder eine Mentorin, die oder der sitzt auch dabei.
00:06:16: Der Mentor ist für jeden auf dem Flügel die Bezugsperson.
00:06:21: Unser Mentor zum Beispiel hat eine Psychologieströmung gemacht.
00:06:25: Das ist natürlich, wenn man vor allem für welche, die jetzt nicht so das Glück haben können, wie ich hier zu wohnen, ist das auch sehr toll, dass man noch mal eine Bezugsperson hat.
00:06:35: Eine andere Aufgabe der MentorInnen ist es zum Beispiel Verhaltensberichte für die Eltern der SchülerInnen zu schreiben.
00:06:42: Denn die MentorInnen sind am nächsten an den SchülerInnen dran.
00:06:46: Sie wohnen in ihren eigenen Wohnungen mit auf dem Flügel, dessen BewohnerInnen sie betreuen.
00:06:50: Und die meisten MentorInnen sind gleichzeitig Lehrkräfte.
00:06:54: Der Mentor macht eigentlich viele kleine Sachen.
00:06:56: Achtet darauf, dass jeder beim Morgenlauf ist.
00:06:58: Achtet darauf, dass jeder beim Frühstück ist.
00:07:01: Wenn jemand nicht zum Unterricht erscheint, dann redet der Mentor nochmal mit denen.
00:07:06: Wenn jemand krank ist und ins Krankenhaus gefahren werden muss, dann macht das oft der Mentor.
00:07:13: Natürlich auch Flügelversammlung.
00:07:15: Bei der Flügelversammlung wird jeden Montag besprochen, was die Woche so ansteht.
00:07:19: Und es werden Wochenendpläne geschmiedet für diejenigen, die nicht nach Hause fahren.
00:07:31: Nach dem ersten Frühstück ist Unterrichtsbeginn um acht Uhr.
00:07:35: In Tims Fall findet der auf Englisch statt.
00:07:38: Denn Tim hat sich für den englischsprachigen Schulweg entschieden.
00:07:42: Er möchte das IB-Diploma machen.
00:07:45: IB steht für International Baccalaureate.
00:07:48: Nach der zehnten Klasse können Schülerinnen entscheiden, ob sie Abitur machen oder das IB-Programm.
00:07:54: Das Programm ist international gültig und bereitet Schülerinnen auf ein Studium auf der ganzen Welt vor.
00:08:00: Aber auch schon ab Klasse acht bietet Salem sogenannte International Classes an.
00:08:05: Der Unterricht entspricht dem baden-württembergischem Lehrplan, aber findet auf Englisch statt.
00:08:20: So wie der Religionsunterricht, den Tim bei Frau Morrison Schilfahrt besucht.
00:08:24: Heute zum letzten Mal vor den Ferien.
00:08:42: Am Vormittag gibt es für alle, die möchten übrigens noch mal ein zweites Frühstück.
00:08:46: Ansonsten findet der Vormittagsunterricht natürlich mit Pausen bis bis zu die Uhrzehnte statt.
00:08:51: Eine Ausnahme findet immer Freitags statt.
00:08:54: Da ist nämlich Schulversammlung.
00:08:59: Die Schulversammlung findet für die Unter- und Mittelstufe am Standort Salem und für die Oberstufe am Standort Campus Herlenstadt.
00:09:06: Liebe
00:09:06: Schülerinnen, liebe Schüler, herzlich willkommen zur vorletzten Schulversammlung
00:09:10: in diesem Schuljahr.
00:09:11: Der Ablauf ist immer in etwa gleich.
00:09:13: Die Inhalte immer ein wenig anders.
00:09:15: Es gibt aber meistens Bekanntmachungen, vielleicht Verleihungen, Berichte und musikalische Einschübe.
00:09:21: Einbringen dürfen sich aber alle Schüler in, auch spontan.
00:09:24: Guten
00:09:29: Tag alle
00:09:29: zusammen.
00:09:30: Heute fragen wir
00:09:31: erst mal mit der Nadelverleihung
00:09:32: an.
00:09:32: Dann filmen wir fort mit einem Musikstück für den KUN.
00:09:36: Dann machen wir weiter mit einer
00:09:36: Präsentation über
00:09:37: Australien
00:09:38: von Thomas von Ensel.
00:09:40: Dann haben wir ein Musikstück
00:09:41: von Herr Zissler
00:09:42: und Herr Bayer.
00:09:43: Dann hören wir von der Tour de Baden,
00:09:45: von Konstantin und Herr Fass.
00:09:47: Dann gibt es die Auszahlung
00:09:48: der Sprachzettikate
00:09:49: von Frau Ziehm.
00:09:50: Dann kommen wir ein Jahresrückblick
00:09:52: von Suki und Juliana
00:09:53: und dann kommen die an.
00:09:54: Danke schön.
00:09:57: Die Schulversammlung auf Schloss Salem findet in der Schrote, einem ehemaligen und sanierten Getreidespeicherstadt.
00:10:04: Unten in dem Gebäude haben die jüngeren Kinder Unterricht.
00:10:07: Oben im Dachgeschoss befindet sich ein großer, heller Raum mit Stühlen für alle Schülerinnen und eine Bühne vorn, auf der die Inhalte der Schulversammlung von Einzelnen vorgetragen werden.
00:10:18: An der Seite der Bühne ein Klavier.
00:10:42: Organisiert und moderiert wird die Schulversammlung von den Schulsprecherinnen.
00:10:47: Die stellen dort auch vor, was zuvor demokratisch beschlossen wurde.
00:10:51: Im Rahmen der SMV der Schüler mit Verantwortung, die in Salem ganz zentral ist.
00:10:57: Zwei Gremien der SMV sind der Rat in der Unter- und Mittelstufe und das Parlament in der Oberstufe.
00:11:09: Man konnte das auch heute in der Schulversammlung erkennen, wo die Ansagen der Schülerinnen und Schüler eben in der Regel nicht durch die Erwachsenen kommen, sondern wir werden geleitet, weil Schüler ein Amt innehaben.
00:11:22: Das ist Henrik Fass, Gesamtleiter der Schule Schloss
00:11:25: Salem.
00:11:25: Die Aufgabe als Gesamtleiter ist es, unsere Schule mit drei Standorten gemeinsam im Blick zu haben.
00:11:32: Und das findet Fass ist
00:11:34: eine wunderschöne Aufgabe.
00:11:36: Aber zurück zur Demokratie.
00:11:39: Die im Unterricht und darüber hinaus zu verankern, Stichwort Schüler mit Verantwortung, das findet Fass wichtig.
00:11:45: Heute, genauso wie damals, zur Zeiten der Gründung der Schule, nineteen Hundert neunzehn.
00:11:51: Blicken wir zurück.
00:11:55: Wir haben die Tragödie des Ersten Weltkrieges, das Ende des Kaiserreiches und die Frage, wie kann es in Deutschland weitergehen?
00:12:04: Und
00:12:04: es sollte eine Republik werden.
00:12:06: Der letzte Reichsklanzler, Prinz Max von Baden und sein Sekretär Quotan war klar, dass es in die Republik geht.
00:12:16: Und die große Frage war auch, wie sieht diese Republik wohl aus?
00:12:20: Klar war aber, wir brauchen Verantwortungsträger.
00:12:23: Und eine der Ideen, wie man dort hinkommen kann, war ein sehr kluger Gedanke, nämlich, dass die Bildung ein Bestandteil davon haben muss, wenn wir über eine gesunde Demokratie nachdenken.
00:12:37: Und um diese VerantwortungsträgerInnen auszubilden, dafür braucht es eine bestimmte Form der Bildung.
00:12:42: Und
00:12:43: damals war eben aber auch der Gedanke, dass es eine gute Schule braucht, eine gute akademische Bildung.
00:12:49: Und darauf war aber nie allein, der Fokus gerichtet, sondern es sollte immer auch um den ganzen Menschen, also ein ganz grundsätzlich humanistisches Interesse, sowohl an eine gute Ausbildung, aber eben um eine gute, ganzheitliche Bildung, die ja mehr ist als Ausbildung.
00:13:09: Und diese Verantwortung Bildung oder Pädagogik, das war der Ausgangsort eben in nineteenhundertzwanzig, als diese Schule gegründet wurde.
00:13:18: Damals wurden sogar die sogenannten Saalema-Gesetze nach Kurtharn niedergeschrieben.
00:13:23: Die lauten.
00:13:26: Gebt den Kindern Gelegenheit sich selbst zu entdicken.
00:13:30: Lasst die Kinder Triumph und Niederlage erleben.
00:13:33: Gebt den Kindern Gelegenheit zur Selbsthingabe an die gemeinsame Sache.
00:13:38: Sorgt für Zeiten der Stille.
00:13:39: Übt die Fantasie.
00:13:41: lasst Wettkämpfe eine wichtige, aber keine vorherrschende Rolle spielen.
00:13:46: Er löst die Söhne und Tüchter reicher und mächtiger Eltern von dem Gefühl, der privilegiert hat.
00:13:53: Und wie gesagt, der Bedarf nach Verantwortungsträgerin, der ist heute noch genauso aktuell wie vor über hundert Jahren.
00:14:00: Denn wir erleben das ja auch gerade an dem, was in der Welt passiert.
00:14:04: Die Frage nach der politischen Ausrichtung, nach einer demokratischen Haltung und auch ... Handlungen, die daraus erwächst, die sind nicht weniger aktuell, als das in den zwanziger Jahren der Fall war.
00:14:21: So dass sich an dem Teil, also der Frage der Verantwortung für die Gesellschaft, für die Gemeinschaft nichts geändert hat, was sich heute noch deutlicher zeigt, wie global diese Herausforderung ist.
00:14:35: Also dass diese Verantwortung auch bis hin zu einer planetarischen Verantwortung kommt für die Welt, für die Menschen, die hier sind.
00:14:45: Der Gesamtleiter Fass hat grundsätzlich übrigens ein Vetorecht für Dinge, die im Rat oder im Parlament beschlossen werden.
00:14:52: Aber ...
00:14:52: Das hab ich noch nie einsetzen müssen.
00:14:54: Sowohl nicht in dieser Schule als auch nicht in der Schule, wo ich vorher war.
00:14:59: Weil es gibt einen Korrektiv ... Und das ist ja dieses Vertrauen.
00:15:04: Also Demokratie ist immer ein Wagnis.
00:15:07: Wir kennen das Zitat.
00:15:08: Und wer dem Mut hat, sich dem auch auszusetzen, wird auch erkennen, dass es ein gesundes Korrektiv auch unter den Jugendlichen gibt, die die Grenzen sehr wohl gesund setzen müssen.
00:15:18: Der Demokratiegedanke des Internats spiegelt sich aber nicht nur in Gremien und Ämtern wieder, sondern auch in vielen kleinen, ritualen Pflichten oder Traditionen
00:15:27: im Schul-
00:15:28: und Internatsalltag.
00:15:29: Henrik Fass gibt ein Beispiel.
00:15:32: Die Verantwortung im Kleinen, die wir im Alltag immer haben, fängt beispielsweise beim Essen an.
00:15:39: Wir sind ganz bewusst kein Hotel, sondern wir sind eine Bildungsinstitution, wo jeder hier einen Anteil haben muss.
00:15:47: Und das heißt, das kann der Tischdienst sein, das kann sein, dass man bei der Küche mitarbeitet.
00:15:52: Es ist auf den Flügeln, in denen unsere Schülerinnen und Schüler leben, wo sie auch ihren Anteil haben müssen gucken, dass die Räume ordentlich sind.
00:16:06: Und apropos Tischdienst.
00:16:08: Wir treffen Tim pünktlich zur Mittagspause wieder, denn die ist im Gegensatz zum zweiten Frühstück und zum Abendessen für alle Schülerinnen verpflichtend.
00:16:17: Genauso wie das Frühstück findet das Mittagessen in einem großen Saal mit hohen Fenstern statt.
00:16:21: Die Schülerinnen essen an Holztisch.
00:16:23: Am Ende des Raumes hängt ein riesiges Gemälde, aber auch eines mit Fotos und Unterschriften vom Sommerball, der kürzlich stattfand.
00:16:31: Wer Mittagessen?
00:16:32: Da gibt
00:16:32: es dann auch nochmal Ansagen
00:16:33: und
00:16:34: es ist insgesamt ... Mit dreifelstunden Stunden lang.
00:16:39: Und weil es in diesem großen Essen-Saal auch ganz schön halt, wenn hungrige Schülerinnen miteinander reden und mit Besteck handhieren, gibt es noch eine Besonderheit.
00:16:48: Das sogenannte Silenzium.
00:16:50: Das ist eine ganz alte Salematradition, wo es eben einen Gong gibt und man dann still ist, also komplette Stille im ganzen Saal.
00:16:58: Das Silenzium dauert zwei Minuten.
00:17:00: Und es bietet ein bisschen Ruhe, um neben dem Unterricht und allem, was sonst so auf den Gängen und dem Speisesaal passiert, runterzukommen.
00:17:07: Und um zu reflektieren,
00:17:08: sagt Tim.
00:17:25: Und dann danach ist Nachmittagsunterricht, Aktivitäten, Dienste und so weiter, was man ja alles aussah, man kennt.
00:17:33: Die Sozialdienste gibt es dann, die Einsatzdienste, den Sport, die AGs, genau.
00:17:40: Also, der Nachmittag ist dann auch immer.
00:17:43: Außerhalb des eigentlichen Unterrichts gibt es ein breites Angebot in Saalem.
00:17:48: Sport z.B.
00:17:49: ist ein fester Bestandteil des Internatsalltags.
00:17:52: Neben allen möglichen Mannschaftssportarten, z.B.
00:17:54: Hockey und Individualsportarten wie Tennis, Tanzen oder Klettern, können Schülerinnen sich auch in unterschiedlichen Sportstätten austoben.
00:18:03: Es gibt z.B.
00:18:03: eine Schwimmhalle, Beach Volleyballplätze oder Fitnessräume.
00:18:10: In Saalem gibt es außerdem Arbeitsgemeinschaften oder einfach AGs.
00:18:14: Die können auch sportlich, aber zusätzlich handwerklich, kreativ oder musikalisch geprägt sein.
00:18:20: Von Mountainbiking über Chor bis Debattierklub.
00:18:23: Aber es gibt auch AGs für die Gemeinschaft.
00:18:25: Zum Beispiel eine Schulzeitung oder eine Akzeptanzallianz.
00:18:30: Tim war während der zehnten Klasse eher demokratisch engagiert und Teil des Model United Nations.
00:18:36: Model UN ist ein Klub, in dem quasi die Abläufe der UN simuliert werden.
00:18:42: Jeder bekommt ein Land zugeteilt zu Beginn des Jahres und ist dann als Abgeordneter quasi Vertreter des Lands.
00:18:48: Es geht nicht darum, seine eigenen politischen Interessen zu vertreten und zur Debatte zu stellen, sondern eben nach den Richtlinien des Landes zu handeln.
00:18:57: Also man bekommt dann zum Beispiel, muss man sich über den Standpunkt des Landes zu einer Öldrilling informieren und den dann in den Debatten, die dann initiiert werden.
00:19:11: Daneben ist an einem Nachmittag in Salem aber auch immer Zeit zum Lernen und Hausaufgaben machen.
00:19:17: Alleine oder unterstützt von Schülerinnen und Lehrkräften in der sogenannten Arbeitsstunde.
00:19:22: Bei
00:19:23: der Arbeitsstunde müssen wir uns dann bei uns im Zimmer hinsetzen, müssen unsere Handys abgeben und müssen dann konzentriert an unseren Schulsachen arbeiten.
00:19:32: Genau und das ist eben einfach eine Zeit, wo man sich nochmal auf die
00:19:37: Die können Schülerinnen in ihrem Zimmer am Schreibtisch verbringen oder in der Study Hall.
00:19:42: Die Study Hall ist ein moderner Lernraum mit unterschiedlichen Sitzgelegenheiten und Schreibtischen zum Lernen.
00:19:48: In der Study Hall werden sie an zwei Tagen bei Bedarf unterstützt.
00:19:51: Das ist die Study
00:19:52: Hall.
00:19:52: Ich war auch am Schluss ein paar Tage.
00:19:54: Ich habe mich letztes Schuljahr gemacht, ein Tag, wenn man das ausprobiert.
00:19:58: Da war ich auch hier mit dem Schüler, der mich umgefüllt hat, dem Konrad.
00:20:02: Und das war beeindruckend.
00:20:08: Die Schülerinnen, die sich für die Study Hall entscheiden, treffen dort heute, genauso wie wir, auf
00:20:13: ihn.
00:20:20: Das ist Mario Sagastume.
00:20:24: Er kommt eigentlich aus den USA, heute ist er glücklicher Überlinger.
00:20:29: Mario ist ehemaliger Hausmentor und stellvertretender Internatsleiter.
00:20:34: Heute ist er Lehrer und Leiter des Sanitätsdienstes.
00:20:37: Er unterrichtet Wirtschaft und Geschichte.
00:20:40: Die Zeit nach dem Unterricht auf den Fluren des Internats vermisst er aber manchmal.
00:20:45: Unter anderem aus diesem Grund.
00:21:16: Aber auch damit ist es am Salem an Nachmittag noch nicht genug.
00:21:21: Denn eine weitere große Rolle spielen in Salem die sogenannten Dienste.
00:21:25: Die machen Schülerinnen ab Klasse neun.
00:21:28: Tim hat es schon verraten.
00:21:29: Es gibt Einsatzdienste und Sozialdienste.
00:21:32: Einsatzdienste sind zum Beispiel der Sanitätsdienst oder der Feuerwehrdienst.
00:21:37: Sozialdienste werden beispielsweise in der Senioren- oder Hausaufgabenbetreuung in der Gemeinde angeboten.
00:21:44: Und den Feuerwehrdienst leitet er.
00:21:47: Dienst an der Gesellschaft, Verantwortungsübernahme später auch im späteren Leben für sich und andere.
00:21:54: Ich glaube, das sind die zwei Stichworte und natürlich auch eine Persönlichkeitsentwicklung in dem Sinne, dass mein eigenes Wirken auch etwas bewirkt.
00:22:01: Also mein Handeln bewirkt etwas.
00:22:03: Ich bin wirksam.
00:22:05: Ich achte auf andere.
00:22:07: Das ist Johannes Schweizer.
00:22:09: Neben der Leitung des Feuerwehrdienstes ist Schweizer Lehrer für Deutsch und Geschichte.
00:22:14: Und er ist Jahrgangsleiter für die Klassen neun und zehn im Wechsel.
00:22:18: Die Dienste finden in Salem immer Montags und Mittwochs am Nachmittag statt und dauern jeweils anderthalb Stunden.
00:22:25: Beim Feuerwehrdienst werden die Schülerinnen so ausgebildet, dass sie später als aktive Einsatzkräfte tätig sein können.
00:22:31: Wir arbeiten dann auch mit den örtlichen Feuerwehren zusammen.
00:22:33: Ich bin hier in der örtlichen Feuerwehr.
00:22:35: In Überlingen gibt es jemanden, der dort in der Feuerwehr ist, der dann dort die Grundausbildung macht.
00:22:40: Und ja, es ist wirklich auch heranführen an das reale Leben.
00:22:45: Und das heranführen an das echte Leben.
00:22:47: Dabei Verantwortung für andere übernehmen.
00:22:51: Das Lernen, das durch praktisches Denken und Erfahrung geprägt ist und anderen zu helfen, das sollen pädagogische Leitlinien sein, die nicht nur für die Dienste gelten, sondern das gesamte Leben in Salem.
00:23:07: Die sogenannte Erlebnispädagogik ist für SalemerInnen zentral.
00:23:11: Und wie sieht die konkret aus?
00:23:13: Zum Beispiel gibt es eigentlich in jedem Schuljahr Outdoor-Elemente, die verpflichtend sind.
00:23:19: In Klasse Fünf beginnt das mit den Outdoor-Tagen.
00:23:22: Die größte Aktivität findet aber in der neunten Klasse statt.
00:23:26: Outward Bound heißt die Expedition nach Norwegen, die man als Schülerin in Salem macht.
00:23:32: Johannes Schweizer erklärt.
00:23:33: Also die geht insgesamt neun Tage.
00:23:36: Wir fahren zwei Tage Bus hin, zwei Tage Bus zurück und bereiten auch schon im Vorfeld die Schülerinnen und Schüler darauf vor.
00:23:43: Beziehungsweise die Schülerinnen bereiten sich selbst darauf
00:23:46: vor.
00:23:46: Das ist auch Teil der Erlebnispädagogik.
00:23:48: Die Schüler bereiten dieses Projekt selbstständig vor.
00:23:50: Sie entwerfen einen Essensplan, kaufen ein, packen ihren Rucksack, haben eine Ausrüstungsliste und dann fahren wir dorthin.
00:24:00: und die Schülerinnen und Schüler werden in Norwegen im Rondane Nationalpark an verschiedenen Stellen des Parks ausgesetzt und mit einer Gruppe von zwölf bis fünfzehn Personen und drei Begleitpersonen.
00:24:12: und müssen dort dann neun Tage mit dem Rucksack und dem Gepäck durch den Park laufen, ohne Kontakt zu andern meist.
00:24:18: Es
00:24:18: gibt abendliche Reflexionsrunden und morgendliche Vorbereitungsrunden.
00:24:23: Nachts wird gezeltet.
00:24:25: Außerdem gibt es zwei Elemente, die bei Outward Bound ganz wichtig sind, sagt Schweizer.
00:24:30: Das ist zum einen das sogenannte vierundzwanzigstunden Solo, in deren die Schülerinnen und Schüler
00:24:35: an
00:24:36: Ganz alleine, vierundzwanzig Stunden, nur mit dem, ich sag mal, dem Notwendigsten ausgestattet in der Natur, bleiben ganz alleine.
00:24:44: Auch das ist Teil der Erlebnispädagogik für Quartan wichtig, also den Schülerinnen und Schülern auch.
00:24:49: Möglichkeiten der Stille und Ruhe zu geben.
00:24:52: Und zum anderen ist es das sogenannte Gruppenfinale.
00:24:55: Was
00:24:55: dann immer ganz am Ende dieser Tour stattfindet, wo die Gruppe dann das Gelernte umsetzt und wir als Betreuer uns Schritt für Schritt auch innerhalb dieser Woche zurückgezogen haben.
00:25:03: und die machen dann alles ganz alleine, laufen die fünfzehn, sechzehn Kilometer alleine bis zu einem Zielpunkt suchen.
00:25:08: Alleine einen Schlafplatz müssen alleine die Nacht verbringen.
00:25:13: Natürlich immer mit den Erwachsenen im Hintergrund, in Notfällen, aber trotzdem das Gefühl zu haben, wir sind jetzt hier verantwortlich für uns.
00:25:22: Und eins ist klar.
00:25:23: Das ist pädagogisch, logistisch und körperlich eine Herausforderung.
00:25:28: Aber,
00:25:28: sagt Schweizer, am Ende seien die Schülerinnen vor allem stolz darauf, was sie alleine und in der Gruppe gemeistert haben.
00:25:35: Und viele von ihnen schließen während der Zeit noch mal ganz neue, ungeahnte Freundschaften.
00:25:40: Und, erzählt Schweizer, diese Erinnerungen bleiben über die Schulzeit hinaus bestehen.
00:25:45: Er weiß das aus Berichten von ehemaligen Salemeinen.
00:25:48: Entweder erzählen sie über diese, die erzählen nicht über den, vielleicht erzählen sie auch über den tollen Chemieunterricht, aber sie erzählen, sie erzählen natürlich über diesen, ja, in meinem Geschichtsunterricht, aber sie erzählen auch und vor allem, und das wird der Tim dann irgendwann natürlich dann auch sehen, sie erzählen über diese Autorelemente, sie erzählen, wie sie vielleicht in Norwegen oder woanders früher im Zelt zusammen saßen und einen Tag verbracht haben oder sowas.
00:26:10: Also das sind ja die Sachen, die dann auch zusammenbringen.
00:26:13: oder sie erzählen im Feuerwehrdienst, dass sie eben diese Bäume gefällt haben.
00:26:17: Aber so?
00:26:17: Weit ist Tim noch nicht.
00:26:19: Obwohl für die Zehntklässler, und damit auch Tim, ja auch bald ein Wechsel ansteht.
00:26:24: Nach der Zehntenklasse geht es für ihn nämlich an einen anderen Standort, weiter in Richtung Bodensee.
00:26:29: Ans Schloss Spezgard nämlich.
00:26:32: Und sogar darüber hinaus hat Tim schon mehr oder weniger konkrete Pläne.
00:26:36: verräter uns, als wir mit ihm zum Abschluss in einem der Gärtenaufschlossalem sitzen.
00:26:41: Neben uns riesige Obstbäume und zwischen ihnen aufgespannt Hängematten.
00:26:45: Etwas weiter hinten ein überdimensionales Schachspiel, vielleicht für die Unterrichtspausen.
00:26:51: Ja, also ich möchte gerne Wirtschaft studieren.
00:26:55: gerne im Ausland auch.
00:26:56: Ich möchte eine englischsprachige Uni, entweder in Großbritannien oder den USA, vielleicht auch Kanada, genau.
00:27:03: Das war auch ein Grund, warum ich nach Salem gekommen bin.
00:27:06: Viel wichtiger als der konkrete Beruf der ehemaligen Schülerinnen ist Henrik Fass, dem Gesamtleiter des Internats, aber etwas anderes.
00:27:14: Er wünscht seinen Salem-Erinnern vor allem,
00:27:16: dass sie Persönlichkeiten sind.
00:27:20: die für sich eine Idee gefunden haben, wer sie sein möchten in der Welt und sich einbringen in einen Diskurs.
00:27:29: Und damit braucht es eine Antwort, die sie für sich finden, die sie aber auch für die Gemeinschaft finden, also die einen Urteil zu mögen haben.
00:27:44: Und Tim, der hat auch schon eine Ahnung davon, wie er sich einbringen will.
00:27:48: Er hätte Lust, erzählt er, mal ein eigenes Startup zu gründen.
00:27:52: Aber bis das soweit ist, ist noch etwas Zeit.
00:27:55: Zeit, um den Salemer Geist zu erleben, in all seinen Facetten.
00:28:06: Das war die erste Folge von Zeit für Internate.
00:28:09: Sie ist entstanden im Auftrag des Internats Schule Schloss Salem.
00:28:13: Produziert wurde diese Folge vom Studio ZX, der Kreativagentur des Zeitverlags.
00:28:18: Weitere Infos zur Schule Schloss Salem finden Sie in den Show notes.
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